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Kuriose Vogelwelt #5: Schnecken überleben die Verdauung von Vögeln

Kuriose Vogelwelt #5: Schnecken überleben die Verdauung von Vögeln

Zugegeben: Das, worüber wir heute berichten, klingt eher eklig. Schnecken, Verdauung und Ausscheidung gehören bestimmt nicht zu euren Lieblingsthemen. Bleibt trotzdem dran, es wird spannend!

Schnecke wird gefressen, Schnecke lebt weiter

In der Natur erscheint immer alles so einfach: Jäger frisst Gejagten, der Stärkere überlebt. Ganz so simpel ist es dann aber doch nicht. Welcher Vogel würde sich etwa ausmalen, dass eben die Schnecke, die er gerade gefressen hat, lebendig auf der anderen Seite wieder herauskommt? Genau das schafft aber die Landlungenschnecke (tornatellides boeningi): Erst lässt sie sich von einem Vogel verspeisen, nur um dann an anderer Stelle das Verdauungssystem wieder quicklebendig zu verlassen. Bis zu zwei Stunden verbringen die Schnecken dabei im Innern des Vogels. Was für die Schnecke ein Glücksfall ist, ist für den betroffenen Vogel eine unfreiwillige Diät.

Die auf der japanischen Insel Haha-jima, etwa 1.000 Kilometer südlich von Tokio beheimateten Landlungenschnecken überleben das Gefressen-Werden nicht immer. Doch die nur 2,5 Millimeter langen Schnecken schaffen den Trick oft genug, um von ihren Fressfeinden zu profitieren. Mithilfe der Vögel schaffen es die Mini-Schnecken, sich praktisch über die gesamten 21 Quadratkilometer der Insel zu verteilen. Für die sprichwörtlich langsamen Schnecken wäre das sonst praktisch unmöglich.

Die Fähigkeiten der Super-Schnecken

Forscher der Tohoku-Universität in Sendai haben nun erforscht, wie die japanischen Landlungenschnecke diese Wundertat vollbringen. Im Labor beobachteten sie die Verdauung der tropischen Brillenvögel, typischen Schnecken-Fressern. Das erstaunliche Ergebnis: Ganze 15 Prozent der Schnecken überleben die Reise durch die Verdauung der Vögel! Somit ist das Überleben der Schnecken kein seltener Zufall, sondern eine klar von der Evolution begünstigte Taktik.

Die Schecken verhalten sich in diesem Fall genauso wie viele Pflanzen, die sich durch die Ausscheidung von Vögeln vermehren. Dass das auch bei lebenden Tieren in der Größe von mehreren Millimetern passieren kann, war bisher noch nicht bekannt. Nach wie vor ungeklärt ist, wie die Schnecken die Verdauung der Vögel überleben. Sie sind zwar klein genug, dass ihre kegelförmigen Häuser währenddessen nicht zerbrechen, aber wie sie die beißenden Verdauungssäfte aushalten, können die Forscher bisher noch nicht erklären. Eventuell schützen sie sich, indem sie den Hauseingang mit einer widerstandsfähigen Schleimschicht versiegeln. Ob das der Fall ist, wird derzeit noch geprüft.

Ihr seht: Mit dem scheinbar einfachen Prinzip von „fressen und gefressen werden“ ist in der Realität nicht viel her. Denn die Evolution lässt sich nicht auf solche simplen Regeln herunterbrechen. Mal wieder stimmt, was „survival of the fittest“ eigentlich bedeutet: Die Angepasstesten überleben.

>> Die anderen Artikel aus der Reihe „Kuriose Vogelwelt“ findet ihr hier auf Vogel und Natur.

>> Die Studie über die Super-Schnecken könnt ihr im Journal of Biogeography nachlesen.

Foto: Jürgen Schiller García (Lizenz: CC BY 2.0) / flickr.com

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