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Allgemein Vogelwelt

Können Vögel Trauer empfinden?

Können Vögel Trauer empfinden?

Dass wir Menschen ein ausgeprägtes Gefühlsleben haben, welches häufig in Zusammenhang mit Krankheit oder Tod steht, ist unumstritten. Wir empfinden Trauer, Verzweiflung oder Wut, und haben über die Zeit hinweg zahlreiche Trauerrituale entwickelt. Doch wie ist das in der Tierwelt? Können auch Vögel Trauer empfinden?

Trauer – Eine Frage der Evolution

Die Schlüsselfrage hierbei ist: Was bringt es den Vögeln, zu trauern? Zahlreiche Forscher haben sich mit den Gefühlsausdrücken bei Tieren beschäftigt. Aus evolutionstheoretischer Sicht gibt es auf die Frage nach dem Zweck nur eine Antwort. Die Tiere beschäftigen sich mit dem verstorbenen Artgenossen, um daraus zu lernen. Was hat ihn getötet? Besteht zukünftig eine Gefahr für uns? Können wir daraus lernen?

Experiment mit Krähen

Die Wissenschaftlerin Kaeli Swift veröffentlichte 2015 die Ergebnisse eines spannenden Experiments. Zusammen mit zahlreichen anderen Freiwilligen setzte sie sich eine spezielle Maske auf und präsentierte Krähen ein Krähenmodell. Die Vögel reagierten auf den vermeintlich toten Artgenossen mit lauten Rufen und aufgeregtem Flattern. Im weiteren Verlauf mieden die Tiere die Stelle im Wald. Als die Wissenschaftlerin später ohne Krähenmodell wiederkam, empfingen sie die Vögel mit aufgeregten Warnrufen. Ohne Maske jedoch nahmen die Tiere keine Notiz von ihr. Das ist ein Zeichen dafür, dass sich die Krähen das Feindbild genau eingeprägt haben und es mit dem Tod des Artgenossen verbinden.

Eine Bestattung unter Vögeln

Neben diesem Abwehr- und Warnverhalten beobachteten Forscher in der Vergangenheit jedoch vermehrt Situationen, die sich nicht allein mit dem Überlebenstrieb erklären lassen. So organisieren Neuwelthäher in den USA eine Art Trauerfeier für den Verstorbenen. Entdecken sie ein totes Tier, versammeln sich die Vögel und rufen nach weiteren Artgenossen. Sie unterbrechen ihre Futtersuche manchmal den ganzen Tag lang, um bei dem toten Vogel zu sein.

Auch bei Elstern wurde ein ähnliches Verhalten beobachtet. Die Tiere untersuchten den Vogel zunächst mit ihren Schnäbeln, um ihn danach mit Grashalmen zu bedecken und sich um ihn zu versammeln.

Ist Trauer ein Forschungsproblem?

Für die Forscher ist es äußerst schwierig, das Verhalten der Tiere als gefühlsgeleitet nachzuweisen. Häufig wird der Fehler gemacht, Verhaltensweisen mit denen der Menschen zu vergleichen. Das wird in der Wissenschaft als „Anthropomorphismus“ bezeichnet. Anders als wir Menschen können Tiere nicht einfach befragt werden, wie sie sich fühlen oder was bestimmte Situationen in ihnen auslösen. Dies kann nur über Beobachtungen geschehen, doch Beobachtungen lassen sich meist sehr unterschiedlich deuten. Dass Vögel echte Trauer empfinden, konnte bisher also noch nicht eindeutig nachgewiesen werden.

6 Comments

  • Wenn man Wellensittiche als Haustiere hat, kann man beobachten, dass diese um ihre verstorbenen Artgenossen trauern. Also kann man die Frage eindeutig bejahen. Das geht zum Teil so weit, dass der Überlebende eines Pärchens kurze Zeit später eingeht – auch wenn weitere Wellensittiche in der Voliere sind.

  • Meine bei mir geschlüpfte(Zufall) 27- jährige Graupapageiendame Walli ist vor 4 Wochen verstorben. Vor 17 Jahren bekam sie einen Partnervogel- einen eben geschlüpften Kakadu. Ich halte sie in der Wohnung, wo sie vollen „Auslauf“ haben.Wenn es warm ist, sind sie im Garten in einer Voillere. Probleme gab es nie.Die beiden waren wie Topf und Deckel. Jetzt mache ich mir große Sorgen um Konrad, meinen Kakadu.Er frisst sehr schlecht, verkriecht sich stundenlang in seiner Höhle und sitzt dort auf einer kleinen Büchse. Diese Trauer kann ich kaum verkraften. . . Kann mir jemand helfen? Danke.

    • Hallo Uta,
      da es dein Kakadu gewohnt ist, nicht allein zu sein und da er anscheinend um seine Partnerin trauert, würden wir die raten einen neuen Partner für Konrad zu suchen. Ob das möglich ist und funktioniert, wissen wir natürlich nicht. Vielleicht fragst du vorher mal in einer Tierarztpraxis oder einer Tierhandlung nach, welches Verhalten in der Situation am besten wäre.
      Liebe Grüße aus der Redaktion!

  • Hallo Uta,
    ja, die Vögel trauern.
    Hab es vielfach beobachtet.

    Gerade seit gestern habe ich ein Amsel-Weibchen in meinem Garten, welche bis vorgestern immer noch mit Ihrem Partner im Garten und auf Dach auftauchten.

    Sie ruft seit gestern ständig aufgeregt nach Ihrem Partner, schaut sich dabei in alle Richtungen um, macht dann glucksend eine 2 minütige Pause und dann geht es weiter… Und ich und die Katze sitzen nur 2 Meter entfernt am Tomatenhaus. Sie scheint uns regelrecht zu fragen: „Wo ist mein LIEBSTER nur hin?“…

    Ich mußte meine Arbeiten so lange diese Amsel da war unerbrechen, mir standen die Tränen in den Augen. Es war so eindeutig für mich.

    Heute war der 2. Tag, wo die gleiche Amsel (w)
    dies so machte. Hab Ihr gut zugesprochen.
    Und die Katze blieb auf meinen Verheiß neben mir sitzen, obwohl die Amsel nur 2 Meter auf dem Boden nach Würmern pickte… Sie verstand auch was mit Ihr los ist. Hoffentlich hat sie nicht den Amsel-Partner…

    Ist schon sehr traurig…

    Bin für die trauernde Amsel morgen wieder da.

  • Leider werde Tieren immer noch Gefühle wie Trauer, Angst,etc. und teilweise sogar das Schmerzempfinden abgesprochen, weshalb sie oft auch grausam behandelt werden.
    Das widerspricht absolut meinen jahrzehntelangen Beobachtungen und Erfahrungen und ich konnte dafür trotz intensiver Recherche auch nie eindeutige wissenschaftliche Beweise finden. All die diesbezüglichen Behauptungen beruhen lediglich auf bloßen Mutmaßungen und nicht auf überprüfbaren wissenschaftlich fundierten Studien.
    Ich beobachte unter anderem nun schon seit vielen Jahren Vögel, die hier Futterplätze aufsuchen und in meinen Nistkasten brüten. Und vereinzelt kam es leider auch Mal zu Todesfällen durch Raubvögel oder einen Unfall.

    Es war immer herzzerreißend mitansehen zu müssen, wie einzelne Vögel, die ich seit langem beobachtet hatte, um ihre verstorbenen Partner oder Jungtiere trauern. Auch, wie sie tagelang panisch nach ihnen rufen und überall suchen.Und wie sie unter Lebensgefahr versuchen, sie gegen übermächtige Angreifer bis zuletzt zu verteidigen und zu retten.
    Ginge es ihnen instinktiv nur um ihr eigenes Überleben, würden sie dies nicht tun.

    Ja, und sie trauern auch. Sie sitzen zum Beispiel teilweise tagelang apathisch herum, fressen kaum, stellen das Jagen ein und sehen richtig elend aus. Sicher wird mir jetzt gleich wieder „Vermenschlichung“ unterstellt, aber sie wirken teilweise richtig depressiv.

    Natürlich müssen insbesondere Wildtiere ganz anders um das tägliche Überleben kämpfen als wir Menschen und können sich nicht ewig ihrer Trauer hingeben, wenn sie nicht Hungers sterben oder ebenfalls Opfer der überall lauernden Feinde werden wollen. Aber wer weiß denn schon, ob genau das nicht auch häufiger der Fall ist?

    Wer Tieren einfach jegliche Gefühle abspricht, tut das doch in erster Linie für sein eigenes gutes Gefühl. Weil man sonst, zumindest wenn man zu einem Minimum an Empathie fähig ist, doch auch mit ihnen mitleidet. Die Natur ist eben nicht nur schön, sondern ein sehr grausamer Ort. Und das ist nicht leicht zu verkraften, wenn man sensibel ist und Tiere nicht als bloße Gegenstände betrachtet.

    Kinder empfinden das noch sehr intensiv. Den meisten Erwachsenen wurde es abtrainiert. Sie reden es sich schön oder verdrängen es, um selbst damit klarzukommen und auch kein schlechtes Gewissen wegen unseres Umgangs mit den Tieren zu haben. Das ist lediglich pragmatisch und dient der eigenen Psychohygiene, basiert aber nicht auf exakter Wissenschaft.

    • Hallo Beate,
      vielen Dank für deinen toll geschriebenen Kommentar. Dein Text regt wirklich zum Nachdenken an und du hast vollkommen recht, die Natur ist ein schöner und zugleich grausamer Ort.
      LG aus der Redaktion

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