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Vogelwelt

Schneeammer – Kleine Kältekoryphäe

Schneeammer – Kleine Kältekoryphäe

Klein, aber hart im Nehmen: Die Schneeammer ist als am nördlichsten brütender Singvogel der Welt perfekt an das Leben in Schnee und Eis angepasst. Ab Oktober kann man die Tiere auch an den deutschen Küsten beobachten.

Aussehen

Mit einer Länge von circa 17 Zentimetern werden Schneeammern (Plectrophenax nivalis) in etwa so groß wie Haussperlinge. Erwachsene Männchen tragen in der Brutzeit von Ende März bis Ende Juli ein auffälliges, von schwarz-weißen Kontrasten geprägtes Federkleid. Unterseite und Kopf sind vollständig weiß, der Mantel ist schwarz, Flügel und Schwanz schwarz-weiß. Je älter das Männchen (die Lebenserwartung der Schneeammern beträgt etwa 6 Jahre), desto stärker ausgeprägt sind die Kontraste. In den ersten beiden Jahren bleibt das Gefieder der Schneeammer-Männchen auch im Sommer eher bräunlich als strahlend weiß. Der recht kurze, kegelförmige Schnabel des Männchens ist im Sommer schwarz, im Winter gelblich braun.

Die Weibchen sind immer Sommer weitaus schlichter gefärbt als ihre männlichen Artgenossen, auch wenn sich der Weißanteil ihres Gefieders gegenüber dem Tarnkleid der Wintermonate ebenfalls deutlich erhöht. Auch bei ihnen ist das Gefieder auf der Brust- und Unterseite rein weiß. Kopf, Brustseiten und Rückengefieder sind aber braun gesäumt. Sie tragen ganzjährig einen gelb-braunen Schnabel.

In den Wintermonaten, die die Vögel an den nördlichen Küsten Deutschlands, Frankreichs und Polens sowie in Südschweden verbringen, sind die Vögel eher unauffällig bräunlich gefärbt. Im Flug sind die auffälligen weißen Armschwingen allerdings gut zu erkennen.

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Das Prachtgefieder der Männchen entsteht übrigens nicht durch eine Mauser im Frühjahr. Anders als die meisten anderen Ammern wird das Federkleid nicht zweimal, sondern nur einmal im Jahr gewechselt. Der Farbwechsel der Tiere im Frühjahr findet vielmehr dadurch statt, dass sich die Federn abnutzen und die braunen Federspitzen abgerieben werden – der Rest der Feder ist rein weiß oder schwarz und führt zu den auffälligen Farbkontrasten.

Vorkommen

Die Schneeammer kommt ausschließlich in den nördlichen Breiten vor und brütet insbesondere in der Fjell- und Tundralandschaft Skandinaviens und Schottlands. Auf Island und im mittleren Norwegen ist sie das ganze Jahr über zuhause. Dass Schneeammern regelmäßig und in großer Zahl auf Spitzbergen brüten, macht sie zum nördlichsten Singvogel der Welt. Auf der arktischen Inselgruppe kommen sonst nur Bergfinken, Bachstelzen und Rotdrosseln als vereinzelte Gäste vor.

Die Tiere sind perfekt an das Leben im hohen Norden angepasst. Im Winter verlassen sie zwar ihre Brutgebiete gen Süden, bleiben aber an den Küsten der Nord- und Ostsee. Auch im deutschen Wattenmeer und an der deutschen Ostseeküste kann man die Tiere beobachten, die sich in Schwärmen auf Nahrungssuche befinden.

Aufgrund ihres großen Verbreitungsgebiets und der recht stabilen Anzahl an Brutpaaren in den jeweiligen Brutgebieten werden Schneeammern als nicht gefährdet eingestuft. Die Chancen, den kleinen Kältespezialisten im Winter an den Küsten beobachten zu können, stehen also gut. Allerdings sollte man sich hierfür warm anziehen – Anpassung an die Witterung ist eben nicht nur in der Vogelwelt das A und O!

Verhalten und Wissenswertes

Die Nahrung der Tiere besteht aus den kleinen Samen der Salzwiesenpflanzen – die Jungen werden hingegen ausschließlich mit Insekten gefüttert. Diese extrem proteinreiche Ernährung gibt den Tieren genug Kraft, die widrigen Witterungsbedingungen in den Brutgebieten zu überstehen und sorgt außerdem für eine recht schnelle Entwicklung. Bereits nach 12 Tagen verlassen die Jungvögel das Nest, um auf eigenen Beinen zu stehen. Die Dauer der Brut beträgt etwa 14 Tage, das Weibchen brütet allein und wird vom Männchen mit Nahrung versorgt.

Der Gesang der Schneeammer, der fast ausschließlich in den nördlichen Brutgebieten zu hören ist, besteht aus trillernden Rufen, die in individuellen Strophen aneinander gereiht werden. Gerüchte besagen, dass die Tiere sogar so etwas wie regionale Dialekte entwickeln, an denen sich die Ureinwohner ihrer Brutgebiete im dichten Nebel orientieren konnten. In den Gebieten nördlich des Polarkreises, in denen die Sonne im Sommer gar nicht mehr untergeht, haben die Schneeammern übrigens eine  Strategie entwickelt, um genügend Schlaf zu erhalten. Sie fallen hier nicht in einen zusammenhängenden Nachtschlaf, sondern schlafen zwischen ihren Gesangsstrophen immer wenige Sekunden ein.

Wer die Tiere ab Oktober in ihren Überwinterungsgebieten beobachtet, kann auf ein interessantes Verhalten bei der Nahrungssuche stoßen. Die Schneeammern suchen gemeinsam nach Samen. Ist ein Gebiet „abgegrast“ fliegt aber nicht der ganze Schwarm auf, sondern nur die hinteren Reihen, die sich an die Spitze setzen. So wird das Gebiet effizient durchsucht und niemand kommt zu kurz – ganz schön clever!

Da die Männchen häufig früher aus den Winterquartieren zurückkehren als die Weibchen, müssen sie mit plötzlichen Wintereinbrüchen rechnen. Auch hierfür haben die Tiere eine evolutionäre Lösung gefunden. Die Männchen sind nämlich in der Lage, einige Tage in einer selbst gegrabenen Schneehöhle zu überdauern.

Foto: Francesco Veronesi (Lizenz: CC BY-SA 2.0)

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