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Der Norderoogsand: Eine Sandbank wird zur Insel

Der Norderoogsand: Eine Sandbank wird zur Insel

Wäre Einsamkeit ein Ort, würde er vielleicht Norderoogsand heißen. Doch schon seit 1999 entwickelt sich auf diesem Außensand vor der Nordseeküste Schleswig-Holsteins immer mehr Leben.

Die Nordseeküste im Nationalpark „Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer“ sieht von oben wie ein sehr schwieriges Puzzle aus. Vor dem Festland liegen die größeren Inseln, Föhr, Pellworm und Amrum. Um sie herum die Halligen, kleinere Marschinseln, die von der Flut überschwemmt werden können. Und ganz weit draußen, zwischen den Halligen und der Weite der Nordsee, liegen die drei Nordfriesischen Außensände. Sie heißen Japsand, Norderoogsand und Süderoogsand und sind mit ihrer geographischen Lage hervorragende Wellenbrecher für die Inseln und Halligen. Doch auf Norderoogsand, dem mittleren der drei Außensände (5,5 km lang), nimmt die Natur schon seit der Jahrtausendwende Umgestaltungen vor, die vor allem die Vogelschützer beschäftigt.

Eine neue Insel im Wattenmeer

Die Existenz des Norderoogsand basiert auf einem Kreislauf der Gezeiten und der Elemente. Immer wieder wird Sand und anderer Baustoff von den Strömungen empor zum Watt gewirbelt, Wellen tragen ihn schließlich auf das Watt und der Wind trocknet ihn und weht ihn zu einer kompakten Sandbank zusammen. Natürlich werden solche Gebilde auch immer wieder überspült und verschwinden wieder, aber im Fall des Norderoogsand blieb immer genug übrig, damit die Sandfläche immer weiter wachsen konnte.

Und vor etwa 30 Jahren spülte das Meer ein besonderes Geschenk auf den Außensand: Pflanzensamen, aus denen Meersenf und Salzmiere erwuchsen und die Sandbank nach und nach eroberten. Später kamen auch noch Binsen-Quecke und Strandroggen hinzu, die den Sand abfangen und festigen. Im Windschatten all dieser Pflanzen bilden sich winzige Sandhügel und legen den Grundstein für eine Dünenlandschaft, die im Norden des Norderoogsand beständig wächst und schon 2010 Dünen in Höhe von drei Metern besaß. Auch die Pflanzenwelt wurde immer vielfältiger, heute sind es bereits über 70 Arten, die mit ihren Blättern und Wurzeln den Sand an Ort und Stelle halten.

Der Norderoogsand als Vogellebensraum

Eine Landschaft, die derartig attraktiver geworden ist, entgeht natürlich auch der Vogelwelt nicht. Doch mit der Besiedlung des Norderoogsand durch die gefiederten Bewohner hat es etwas Besonderes auf sich. Zwar wurde die Anzahl der Brutvögel im Gebiet ständig größer, aber es waren nicht die Arten, die die Vogelschützer erwartet hatten.

Als Vögel mit einer Vorliebe für neue Standorte hätten sich zuerst große Gruppen von Seeschwalben sowie Sand- und Seeregenpfeifern auf Norderoogsand einfinden müssen, doch tatsächlich kamen nur sehr wenige.

Zahlreicher brüteten die Austernfischer, Silbermöwen und Heringsmöwen. Eine Theorie sieht ein Wanderfalkenpaar, das seit 2008 auf Norderoogsand brütet, als Grund für das Ausbleiben von Brand- und Flussseeschwalben an. Auf der Hallig Norderoog gibt es mehr als genug Brandseeschwalben, die einfach herüberfliegen könnten, doch die Wanderfalken schrecken sie möglicherweise ab.

2014 brüteten also vor allem Herings- und Silbermöwen auf dem Norderoogsand, dazu Graugänse, Austernfischer, Eiderenten, Sandregenpfeifer (allerdings nur ein Paar), Mantelmöwen, Sturmmöwen und das besagte Wanderfalkenpaar.

Es ist bedauerlich, dass die neue Insel für extrem bedrohte Vögel wie Zwergseeschwalben sowie Sand- und Seeregenpfeifer keine Zuflucht geworden ist – doch die Nordsee ist immer in Bewegung und auch der Norderoogsand noch immer dabei, sich zu verändern. In wenigen Jahren könnte er bereits mit der Hallig Norderoog zusammengewachsen sein und so ganz neue Brutbedingungen bilden. Es bleibt spannend!

  • Der Norderoogsand ist für Menschen verbotenes Gebiet, daher sind Fotos recht schwierig zu beschaffen. Die Süddeutsche Zeitung hat eine kleine Bildergalerie zusammengestellt.
  • Auch andere Dünen könnten sich zu neuen Inseln entwickeln. Mehr erfahrt ihr in diesem Artikel der Welt.

 

Foto: FrooiOhnesorg (Lizenz: CC BY-SA 2.0)

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