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Vogelwelt

Durchblick in jedem Element: Die Sehkraft von Wasservögeln

Durchblick in jedem Element: Die Sehkraft von Wasservögeln

Menschen ohne Taucherbrille sind unter Wasser so gut wie blind. Viele See- und Wasservögel haben dieses Problem nicht. Was ist ihr Geheimnis?

Ausgangspunkt: Das menschliche Auge

Bei den meisten Menschen fallen Tauchgänge ohne Taucherbrille folgendermaßen aus: Sie öffnen die Augen und sehen erstmal gar nichts. An Land sieht das natürlich anders aus. Da transportiert das Licht ein Bild auf unsere Netzhaut. Dort wird es in neuronale Impulse umgewandelt und über das Nervensystem ins Gehirn transportiert. Das kann aber nur funktionieren, wenn das Bild auf der Netzhaut scharf dargestellt wird. Dazu muss das Licht gebrochen werden. Im menschlichen Auge gibt es zwei Strukturen, die diese Aufgabe übernehmen: die Hornhaut und die Linse. Die Hornhaut ist bei uns stark gewölbt und übernimmt etwa zwei Drittel der Brechkraft. Sie bildet die Grenze zwischen der Luft und dem wässrigen Innenleben des Auges.

Taucht ein Mensch nun unter Wasser, gibt es diesen Unterschied der Elemente nicht mehr. Die Hornhaut hat es dann mit ein und demselben Brechungsindex zu tun, so dass ihre Brechkraft verloren geht – und der tauchende Mensch plötzlich weitsichtig ist.

Die Sehkraft von Wasservögeln: Variante 1

Nun gibt es ja mehr als genug See- und Wasservögel, die sich in beiden Elementen zurechtfinden müssen – ihre Lebensweise ist daher amphibisch. Aber eine Taucherbrille besitzen sie natürlich nicht. Welchen anderen Trick wenden Arten wie Schellente, Kappensäger, Krähenscharbe, Kormoran und Basstölpel an?

Es gibt zwei verschiedene Erklärungen für die besondere Sehkraft von Wasservögeln. Die erste besteht in einer äußerst starken Linse, welche flexibel auf die aktuelle Leistung der Hornhaut reagieren kann. Sie ist nämlich in der Lage, sich zu verformen – dieser Vorgang wird auch Akkomodation genannt. Anders gesagt ist die Linse in solchen Fällen das Autofokussystem des Auges. Ist der betrachtete Gegenstand in der Nähe, nimmt die Linse eine eher kugelige Form an. Ist er weiter entfernt, wird sie flach.

Im Wasser ist die Linse von Seevögeln besonders stark gewölbt und übernimmt die Brechung allein. Das funktioniert, indem die Linse von hinten gegen die Iris gepresst wird, bis sie sich durch die Pupille nach vorne ausbeult. Klingt unangenehm, ist aber äußerst nützlich. Denn nur diese Beule ist stark genug gekrümmt, damit die hohe Brechkraft erreicht werden kann.

Die Sehkraft von Wasservögeln: Variante 2

Die zweite Variante wenden vor allem Pinguine an. Sie schalten ihre Hornhaut so weit wie möglich aus, so dass sie optisch gesehen keinen Effekt mehr hat. Das klappt, wenn sie so flach wie eine Fensterscheibe ist und somit das Licht nicht brechen kann. Auch in diesem Fall übernimmt die Linse diese Aufgabe allein, muss dabei aber nicht die Wirkung der Hornhaut ausgleichen. Auf diese Weise sehen Königs-, Esels- und Humboldtpinguine an Land und unter Wasser etwa gleich scharf.

Man könnte jetzt fragen, warum das nicht alle Lebewesen so machen, aber diese Technik hat schließlich auch ihre Nachteile. Die flache Hornhaut liefert zum einen nicht die beste Abbildungsleistung, zum anderen schränkt sie den Sehwinkel und die Randschärfe ein.

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