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Zunehmende Krise: Gefahren für Seevögel

Zunehmende Krise: Gefahren für Seevögel

Die Gefahren für Seevögel sind vielfältig und nehmen immer weiter zu. Fressfeinde wie Ratten und Mäuse, aber auch Nahrungsmangel, Müll und die Fischerei machen ihnen zu schaffen.

Um die Gesamtsituation darzustellen, müssen wir mit einer beängstigenden Zahl beginnen. Der Bestand aller Seevögel weltweit ist zwischen 1950 und 2010 um circa 70 Prozent zurückgegangen. Der Grund für diese dramatische Entwicklung setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen. Er betrifft sowohl die Nahrungsgrundlage als auch den Lebensraum und die Brutmöglichkeiten der Tiere. Über alle Gefahren für Seevögel lässt sich leider vor allem eines sagen: Sie gehen vom Menschen aus oder wurden durch ihn erst ermöglicht.

In der folgenden Bestandsaufnahme betrachten wir die Probleme, die den Seevögeln zu schaffen machen und langfristig einen ganzen Lebensraum – das Meer – zerstören könnten.

Gefahren für Seevögel: Industrie und Tourismus

Statt ungestörter Wassermassen findet der aufmerksame Beobachter immer mehr menschliche Anlagen in den Meeren vor. Dazu gehören Bohrplattformen, Saugbagger für die Kies- und Sandgewinnung sowie Offshore-Windparks. Auch Fischerei und Schifffahrt nehmen natürlich immer mehr Raum ein. All diese Dinge sind für den Menschen kaum sichtbar, für die Vögel stellen sie teilweise starke Störungen dar. Pracht– und Sterntaucher zum Beispiel reagieren besonders empfindlich. Sie umfliegen Schiffe und Windräder mit einem Abstand von 2,5 Kilometern. Auch Arten wie Basstölpel und Trottellummen fühlen sich schnell gestört und bleiben extrem auf Abstand. An Land ist bereits klar, dass zahlreiche Vögel gegen Windräder prallen und sterben. Auf See kann das nicht so genau ermittelt werden, aber dass es dort ebenfalls zu Kollisionen kommt, steht außer Frage.

Eine ebenfalls fatale Konsequenz von Industrie und Wirtschaft ist Müll. Dieser landet in unglaublichen Mengen in den Weltmeeren und gefährdet auch Vögel. An der südlichen Nordsee werden pro 100 Meter Strand über 200 Müllteile angespült. Basstölpelnester auf Helgoland enthalten durchschnittlich 1,5 Kilogramm Plastikmüll pro Nest. Die Vögel nutzen das Plastik als Nistmaterial, verfangen sich dann aber oft darin und strangulieren sich. Viele Vögel verschlucken auch Plastikteile und verhungern, weil sie keine Nährstoffe aus dem Mageninhalt ziehen können. An Sturmtauchern wurde festgestellt, dass die Altvögel auch Plastikmüll an ihre Jungen verfüttern. Schätzungen zufolge verschlucken 90 Prozent aller Hochseevögel Plastikmüll.

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Auch der Tourismus trägt zur Störung der Seevögel bei. Viele von ihnen brüten an Stränden. Doch bekanntlich ist auch der Mensch ein großer Fan von Sand und Sonne, so dass rund zehn Prozent aller Strandgelege zertreten werden. In Gebieten wie den Färöer-Inseln werden Wanderwege so intensiv genutzt, dass der Besucherandrang die benachbarten Papageitaucher bei der Brut stört.

Gefahren für Seevögel: Prädatoren

Prädatoren (also Fressfeinde) sind nach wie vor die größte Bedrohung für Seevögel. Das hat zwar in erster Linie nicht viel mit dem Menschen zu tun, doch der gefährlichste Fressfeind – die Ratte – nutzt den Menschen als Taxi für ihre Nahrungstour. Seit Jahrhunderten sind die Ratten blinde Passagiere auf den Schiffen der Seefahrer. So gelangten sie auch in die entlegenen Gebiete der Welt. In Regionen, in denen die heimischen Vögel gar keine Ratten kennen, hat die Natur ihnen auch keine Abwehrinstinkte mitgegeben. Grausame Bilder von angefressenen Albatrosküken, die Rattenangriffe einfach über sich ergehen lassen, zeugen davon. Neben den Küken fressen Ratten auch Eier sowie erwachsene Tiere. Auf der südatlantischen Insel Gough töten eingeschleppte Mäuse zwei Millionen Küken pro Jahr.

An Land leben außerdem Feinde wie Fuchs, Dachs, Marderhund, Igel und Hauskatze. Austernfischer an der Küste haben deshalb nur noch einen Bruterfolg von fünf Prozent. Auch der Sandregenpfeifer verliert fast die Hälfte seiner Gelege durch Fressfeinde.

Gefahren für Seevögel: Fischerei

Kilometerlange Stellnetze sowie Schleppnetze und Langleinen sind für die Fischerei gedacht, töten aber auch zahlreiche Seevögel. Sie verheddern sich auf Tauchgängen darin oder werden von angehängten Ködern unter Wasser gezogen. Beides hat qualvolles Ertrinken zur Folge. In der Ostsee sterben pro Jahr etwa 76.000 Seevögel durch Stellnetze. Langleinen und Schleppnetze werden weltweit 300.000 Seevögeln zum Verhängnis, ein Drittel davon sind Albatrosse.

Gefahren für Seevögel: Klimawandel

Direkt spürbare Auswirkungen des Klimawandels für die Seevögel sind Nahrungsmangel und Überflutung. Die Meereserwärmung lässt Beutetiere wie Sandaale oder Miesmuscheln weniger häufig auftreten; und was noch vorhanden ist, das dezimiert die Fischerei. Mit dem schwindenden Eis in den Polregionen gibt es auch immer weniger Krill und Polardorsche. Dabei gehören beide zu den Arten, die die Basis der marinen Nahrungskette bilden. Wenn Pinguinkolonien zusammenbrechen und immer weniger Albatrosse und Sturmvögel schlüpfen, ist das unter anderem auf diesen Mangel zurückzuführen.

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