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Insektensterben in Deutschland – Dramatischer als gedacht?

Insektensterben in Deutschland – Dramatischer als gedacht?

Das Insektensterben in Deutschland ist kein Hirngespinst überempfindlicher Naturschützer, sondern traurige Realität. Ohne Bienen und Co. wird es auch für uns Menschen eng.

Dass unsere Bienen in großer Gefahr sind, ist eine traurige, aber mittlerweile anerkannte Tatsache. Leider nehmen bisher fast nur Wissenschaftler und Naturschützer das Bienensterben ernst. Damit mehr Menschen erkennen, wie wichtig die fleißigen Insekten für ihr tägliches Leben sind, hat ein Supermarkt in Hannover über Nacht 60 Prozent seiner Produkte aus den Regalen geräumt. So viel würde es ohne Bienen nämlich einfach nicht mehr geben.

Und es sind nicht nur die Bienen, die unter dem Verhalten des Menschen leiden. Viele Naturfreunde beschlich in den letzten Jahren schon ein ungutes Gefühl: Gab es nicht mal mehr Schmetterlinge, Fliegen und Käfer? Wo sind unsere Insekten geblieben?

Extremer Rückgang im Nordwesten Deutschlands

Eine Untersuchung von Insektenforschern aus Krefeld brachte – zumindest für den Nordwesten Deutschlands – mehr Gewissheit. Im Vergleich mit dem Jahr 1989 beträgt der Verlust der aus Fluginsekten bestehenden Biomasse über 75 Prozent! Mehr als 27 Jahre lang mussten die Fangaktionen laufen, um genug Daten zu liefern. Der Insektenbestand kann nämlich von Jahr zu Jahr stark schwanken, nur über längere Zeit ergibt sich ein klares Bild. Besonders bestürzend: Die Forscher waren nur in geschützten Gebieten aktiv, also dort, wo das Insektenleben ja eigentlich noch intakt sein sollte. In stark landwirtschaftlich genutzten Gebieten dürfte die Situation demnach noch dramatischer sein.

Insekten sind lebenswichtig

Warum die kleinen Krabbeltiere so wichtig für uns sind, ist übrigens schnell erklärt. Insekten haben eine Schlüsselrolle im Ökosystem. 90 Prozent unserer Pflanzen können sich nur fortpflanzen, wenn sie von Biene, Hummel und Co. bestäubt werden. Außerdem sind Insekten die Nahrungsgrundlage vieler anderer Tiere, allen voran die der Vögel. Betroffen sind viele Arten, die im oft landwirtschaftlich genutzten Offenland leben, also Rebhuhn, Wiesenpieper, Star, Bluthänfling, Rauchschwalbe und so weiter. Auch die Körnerfresser unter den Vögeln könnten betroffen sein, schließlich sind Insekten auch an der Samenproduktion beteiligt.

https://www.youtube.com/watch?v=U7LR7NqIL_Y

Insektensterben in Deutschland – Was sind die Ursachen?

Leider lassen sich die Ursachen dieser Umweltkatastrophe noch nicht genau benennen. Faktoren wie der Klimawandel und Landschaftsveränderungen wurden schon oft genannt, können aber nicht die Hauptursache sein.

Viele Forscher sehen die Schuld hingegen bei den Pestiziden, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Vor allem die so genannten Neonicotinoide stellen ein großes Problem dar. Solche Substanzen sind hochgiftig und greifen alle Insekten auf und im Umkreis des Ackers an. Hat ein Insekt davon gefressen und wird anschließend zum Beispiel von einem größeren Käfer verspeist, stirbt auch der Käfer. Neonicotinoide schädigen das Nervensystem, eine äußerst empfindliche Stelle, die für jedes Insekt überlebenswichtig ist.

Auch Stickstoffverbindungen, die in die Umwelt gelangen, machen den Insekten zu schaffen. Sie stammen aus Düngemitteln, aber auch aus den Abgasen von Fabriken und Autos. Über die Luftströmung erreichen sie alles, auch Naturschutzgebiete, und gelangen als saurer Regen in den Boden. Dort beeinflussen sie vor allem die Vegetation. Stickstoffverträgliche Pflanzen verdrängen die anderen, so dass Insekten genau die Pflanzen nicht mehr finden, die für sie überlebenswichtig ist.

Insektensterben in Deutschland – Was können wir tun?

Besonders viel Verantwortung liegt jetzt natürlich bei der Politik. Bundesumweltministerin Schulze und Agrarministerin Klöckner haben bereits angekündigt, ein Aktionsprogramm gegen das Insektensterben zu entwickeln. Zum Thema Neonicotinoide sagte Klöckner: „Was der Biene schadet, muss vom Markt.“

  • Neben dem Verbot schädlicher Pestizide muss aber noch mehr passieren:
  • Förderung des Ökolandbaus, mehr Blühpflanzen und Wildkräuter
  • Weg mit dem „englischen Rasen“: Insektenfreundlicher Gartenbau, vor allem im Privatbereich!
  • Mehr Fördermittel für wissenschaftliches Insektenmonitoring
  • Öffentliche Aufklärung, auch an Schulen

Und was könnt ihr ganz persönlich tun? Schaut mit offenen Augen in eure Umwelt. Setzt im Garten und auf dem Balkon keine chemischen Dünger oder Pestizide ein. Wie wäre es zum Beispiel mit einem duftenden, insektenfreundlichen Balkon? Vergesst die langweiligen Geranien aus dem Supermarkt und setzt auf heimische Pflanzen! Dann habt ihr bald ein buntes, summendes Paradies direkt vor dem Fenster.

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