Schwer verletzt, angreifbar, flugunfähig – So präsentieren sich die Elternvögel einiger Vogelarten, wenn sich ein Feind dem Nest nähert. Der Fachbegriff dafür ist das Verleiten. Doch wie haben sie dieses Verhalten gelernt? Und wer ist ein wahrer Meister in der Schauspielkunst?
Flucht und Angriff
Wenn Tiere bedroht werden, kennen Sie vorrangig zwei Reaktionen: Die Flucht, oder den Angriff. Auch Vögel treffen diese Entscheidung, abhängig von verschiedenen Faktoren. So analysieren sie in kurzer Zeit die Situation, schätzen den Gegner und die eigenen Chancen ein und wissen meist, wohin sie fliehen können. Doch was ist, wenn nicht nur das eigene Leben, sondern auch das des Nachwuchses in Gefahr ist? Einige Bodenbrüter haben sich dafür eine clevere Verhaltensweise angeeignet: Sie täuschen dem Angreifer vor, verletzt zu sein, um von ihm angegriffen zu werden. Gleichzeitig entfernen sie sich vom Nest, und halten ihn so von den Jungtieren fern. Ist die Gefahr gebannt, kehren sie auf Umwegen zum Nest zurück.
Ein wahres Schauspiel
Das Verleiten besteht aus verschiedenen Verhaltensweisen. Zum einen imitieren die Vögel eine Verletzung, indem sie humpeln, mit einem Flügel schlagen oder die Schwungfedern zeigen: Ein Zeichen für Flugunfähigkeit. Außerdem stoßen sie klagende Rufe aus, die die Aufmerksamkeit des Angreifers auf sie ziehen. In manchen Fällen ahmen Elterntiere auch die Rufe anderer Beutetiere nach, wodurch das angreifende Tier das Gefühl bekommt, selbst in Gefahr zu sein.
Wer spielt es am besten?
Typische Vogelarten, die das Verleiten als Abwehrstrategie nutzen, sind zum Beispiel der Kiebitz oder der Regenpfeifer. Allgemein konnte das Verhalten vor allem bei Bodenbrütern beobachtet werden. Das Nest ist zwar aus der Luft meist nicht zu sehen, doch am Boden herumschleichende Raubkatzen und andere Fressfeinde sind eine akute Bedrohung für den schutzbedürftigen Nachwuchs. In diesem Video könnt ihr einen Sandregenpfeifer beim Verleiten sehen.
Video: gailhampshire (Lizenz CC BY 2.0)
