Artenschutz geht uns alle an. Die Rote Liste betrifft nicht nur exotische Arten aus fremden Ländern, sondern auch die Arten direkt vor unserer Nase. Über 200 in Deutschland heimische Brutvögel sind gefährdet, darüber hinaus auch viele durchziehende Zugvögel. Schuld ist vor allem der schwindende Lebensraum.
Die Rote Liste der IUCN
Von der Roten Liste bedrohter Tierarten hört man oft. Doch wessen Liste ist das eigentlich und was listet sie? Zum ersten Mal wurde die Rote Liste (englisch: red data book) 1963 von der Weltnaturschutzunion IUCN (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources) herausgegeben. Die IUCN listet gefährdete Tiere nach zehn Stufen der Gefährdung von ausgestorben (EX: extinct) über vom Aussterben bedroht (CR: critically endangered) bis hin zu nicht gefährdet (LC: Least Concern). Ursprünglich beschäftigten die IUCN nur Tiere, heute sind es auch Pflanzen, Tiere und andere Organismen. Nach der 2012 veröffentlichten Liste sind von den insgesamt 60.000 gelisteten Arten fast 20.000 bedroht, das umfasst unter anderem 13% aller aufgeführten Vögel.
Während die IUCN die einzige weltumfassende Artenschutzliste bereitstellt, publizieren einzelne Länder und Regionen eigene Listen. In Deutschland veröffentlicht das Bundesamt für Naturschutz in Bonn eine Rote Liste für Deutschland. Diese Liste basiert auf den Informationen der einzelnen Bundesländer und arbeitet anhand der Kriterien der IUCN. Weder international noch in Deutschland ist die Rote Liste rechtswirksam, sie wird in erster Linie als Gutachten genutzt.
Rote Liste der Vögel in Deutschland
Artenschutz muss sowohl international als auch regional betrieben werden, somit haben sowohl die internationale als auch die deutsche Rote Liste eine Daseinsberechtigung. Die Rote Liste der IUCN informiert über die Artenvielfalt unseres Planeten insgesamt. Das heißt, dass manche Arten auf der Roten Liste Deutschlands international nicht oder weniger gefährdet sind. Trotzdem ist das keine Entwarnung: Wird die Artenvielfalt in den einzelnen Regionen nicht aufrechterhalten, so gefährdet dies natürlich auch den weltweiten Bestand einer Art.
Aktuell sind in Deutschland über 200 Brutvögel gefährdet. Gefährdungsursache Nummer Eins ist laut Bundesamt für Naturschutz die Zerstörung natürlicher Biotope. Die Lebensräume vieler Brutvögel gehen etwa durch intensivierten Ackerbau und die verminderte Strukturvielfalt in der Landschaft verloren.
Offiziell aus Deutschland verschwunden und laut IUCN vom Aussterben bedroht ist der Waldrapp (siehe Bild), ein dem Ibis ähnlicher Laufvogel, der bis ins Mittelalter in Deutschland verbreitet war. Seit kurzem kämpfen allerdings einige Naturschützer mit Aussiedlungsversuchen in Burghausen und anderswo gegen das Aussterben des Waldrapp. Große Vögel gehören zu den am stärksten gefährdeten Arten überhaupt: Neben dem bereits verschwunden Waldrapp sind auch Großtrappe und Auerhuhn vom Aussterben bedroht.
Die Bedeutung der Roten Liste zeigt sich besonders an der Auswertung der Daten. Wichtig ist es etwa, die Bestände einer Art im Auge zu behalten und wenn nötig zu verknüpfen. Das gilt etwa für den vom Aussterben bedrohten und international gefährdeten Seggenrohrsänger. Nur noch etwa 10 Exemplare leben im Odertal nahe der polnischen Grenze. Dieser Bestand ist so klein, dass sein Fortbestehen in Deutschland fraglich ist, allein der verkleinerte Genpool mindert die Chancen. Um den Seggenrohrsänger zu schützen, muss die Bestandsentwicklung also regional und international beobachtet werden.
Weitere vom Aussterben bedrohte Vögel in Deutschland sind Schreiadler, Bekassine und Seeregenpfeifer, während Wiedehopf oder Steinkauz bisher „nur“ als stark gefährdet gelistet werden.
Nicht nur die Gefährdung von Brutvögeln sollte uns beschäftigen, genauso ist die Erhaltung durchziehender Zugvögel relevant. Die hübsche Samtente zum Beispiel ist auf störungsfreie Rastgebiete angewiesen, die man der Meerente etwa an der Ostsee bereitstellen könnte. Nur so kann der stark gefährdete Vogel gerettet werden.
Konsequenzen für Vogelbeobachter
Eines sollten wir nicht vergessen: Auch der Mensch ist vom Aussterben der Tierwelt betroffen. Das Ökosystem heißt nicht umsonst Ökosystem, denn es basiert auf dem Funktionieren der einzelnen Elemente, seien sie noch so klein. Es steht also viel auf dem Spiel. Daher und aus Liebe zur Natur müssen wir alle den Artenschutz unterstützen und die Erkenntnisse der Roten Liste berücksichtigen.
Übersichtlich aufbereitete Informationen zur Roten Liste finden Vogelbeobachter auf der Website der IUCN. Mit der „Discover“ lässt sich einfach herausfinden, welche heimischen Art schutzbedürftig sind. Empfehlenswert ist auch ein Brutvögel-Atlas für die eigene Region. Hier könnt ihr euch über aktuelle Bestände heimischer Vögel und Schutzmaßnahmen informieren. Politisches Engagement und Infokampagnen zeigen nämlich sehr schnell erste Erfolge. Der Uhu zum Beispiel steht heute nicht mehr auf der Roten Liste. Man kann nur hoffen, dass mit eurer Hilfe in Zukunft mehr Vögel von der Roten Liste verschwinden als aus Wald und Feld.
Foto: © Lars Paege / pixelio.de