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Allgemein Vogelwelt

Erschreckende Bilanz – Die neue Rote Liste der Brutvögel

Erschreckende Bilanz – Die neue Rote Liste der Brutvögel

Gefährdete Vogelarten in Deutschland haben einiges gemeinsam. Oft hängt ihr Verschwinden mit unserer rücksichtslosen Landwirtschaft zusammen. Außerdem kommen sie alle auf die Rote Liste der Brutvögel. In der aktuellen Ausgabe dieser Liste sind erschreckende Bestandseinbrüche ans Licht gekommen, die sogar Allerweltsarten wie Star und Haussperling betreffen. Wie lange hält unsere Vogelwelt noch durch?

Die aktuelle Lage

Auch wenn die Rote Liste der Brutvögel selten gute Nachrichten enthält, gibt es viel Positives über sie zu sagen. Das Wichtigste ist wohl folgendes: Wenn wir in der Natur Gutes bewirken und unseren Vögeln helfen wollen, ist ein detaillierter Überblick das beste Hilfsmittel. Seit 45 Jahren wird die Liste immer wieder überprüft und aktualisiert, die aktuelle Ausgabe ist die fünfte.

Die Vogelarten werden in folgende Kategorien geordnet: V – Vorwarnliste (Rückgänge, aber noch keine akute Gefährdung), R – extrem selten (natürliche Seltenheit), 3 – gefährdet, 2 – stark gefährdet, 1 – vom Aussterben bedroht, 0 – ausgestorben.

Die aktuelle Liste zeigt vor allem eines. Vögel, die im intensiv landwirtschaftlich genutzten Offenland leben, haben es besonders schwer. 74% von ihnen finden wir in den Kategorien 0 bis 3. Seit Mitte der 90er Jahre war die Zahl der gefährdeten Arten nicht mehr so hoch wie heute. Im Vergleich zur letzten Fassung der Liste kamen 24 Arten in eine höhere Gefährdungskategorie. In der Kategorie 3 finden sich doppelt so viele Arten wie auf der letzten Liste.

Immer mehr Arten gefährdet

Der harte Negativtrend in der Entwicklung unserer Vögel ist schon alarmierend genug. Hinzu kommt der Fakt, dass auch „Allerweltsvögel“ wie Star, Feld- und Haussperling betroffen sind. Sie fallen eigentlich in ganz Europa durch sehr hohe Bestandszahlen auf und bilden einen großen Teil der Gesamtanzahl europäischer Vögel. Ihre starken Einbrüche sorgten deshalb dafür, dass es 2009 fast eine halbe Milliarde Vögel weniger in Europa gab als noch 1979!

Doch zurück zur Situation in Deutschland. Folgende Arten rutschten aus einem stabilen Status oder von der Vorwarnliste sofort hoch in die Kategorie „gefährdet“: Star, Trauerschnäpper, Sperbergrasmücke, Wespenbussard, Rotschenkel, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Feldschwirl, Baumpieper und Bluthänfling. Der Wiesenpieper kam von der Vorwarnliste und ist nun sogar „stark gefährdet“.

Turteltaube und Braunkehlchen waren vorher „gefährdet“ und sind nun „stark gefährdet“. In „vom Aussterben bedroht“ hochgestuft wurden Kornweihe, Birkhuhn, Brand- und Küstenseeschwalbe (im Bild unten).

Küstenseeschwalbe

Was sind die Ursachen?

Die intensive Landwirtschaft auf deutschen Feldern und neu gewonnenen Flächen ist der wichtigste Grund für die Bestandsrückgänge. Wo Feuchtwiesen trocken gelegt, endlose Monokulturen mit Insektengiften besprüht und Wildblumen abgemäht werden, findet kaum ein Vogel Nahrung. Mähdrescher zerstören Nester, die Gifte sorgen für einen dramatischen Rückgang an Insekten. Auch die Windenergie gefährdet Vögel, denn häufig kollidieren sie mit den Windrädern, verletzen sich tödlich oder sterben sofort.

Windräder

Generell fallen immer mehr naturbelassene Lebensräume der Hand des Menschen zum Opfer. Dort werden dann neue Siedlungen und Häuser oder weitere Felder angelegt. Zwischen 2009 und 2016 erhöhte sich allein der Maisanbau in Deutschland um eine halbe Million Hektar. Auch Pflanzen- und Insektengift wird weiterhin fleißig gekauft und versprüht.

Einige Hoffnungsschimmer

Glücklicherweise konnte die aktuelle Rote Liste der Brutvögel auch ein paar positive Trends verzeichnen. Es gibt sogar drei Arten, die in Deutschland als ausgestorben galten und nun wieder zu den regelmäßigen Brutvögeln zählen: Zwergsumpfhuhn, Steinhuhn und Weißflügel-Seeschwalbe. Ebenfalls nicht mehr gefährdet ist der Dreizehenspecht. Von der Vorwarnliste in den nicht gefährdeten Bereich schafften es Schilf- und Drosselrohrsänger sowie Schwarz- und Blaukehlchen.

Ein Lebensraum, in dem es den Vögeln besser geht, sind die Binnengewässer. Zwerg- und Rohrdommel, Schilf- und Drosselrohrsänger kletterten eine Gefährdungsstufe tiefer, das Tüpfelsumpfhuhn und das Kleine Sumpfhuhn schafften sogar zwei Stufen.

Was könnt ihr tun?

Auf dieser Überblicksseite des NABU findet ihr jede Menge Tipps und tolle Projekte, um den Vögeln in eurem Umfeld das Leben leichter zu machen. Wenn nämlich jeder ein bisschen mehr Rücksicht auf seine Umwelt und die wunderbaren Lebewesen darin nimmt, ist schon viel gewonnen.

Auch bei Vogel und Natur findet ihr Anleitungen und Tipps, zum Beispiel für selbst gemachtes Vogelfutter oder eine Futterglocke.

Der Stieglitz war Vogel des Jahres 2016. Doch nur weil das Jahr vorbei ist, ist seine Mission nicht abgeschlossen. Er wirbt für „Bunte Meter für Deutschland“, eine Kampagne für mehr Wildblumenstreifen oder einfach wild bewachsene Flächen. Schaut doch mal rein, ihr findet bestimmt einen Meter, den ihr retten oder selbst bunt machen könnt!

 

Titelbild: Frank Vassen (Lizenz BY CC 2.0)

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